Liebe orthodoxe Christen in Deutschland!
Vor wenigen Stunden haben wir die Schwelle zum Jahr 2025 überschritten und wünschen uns wie immer „ein Frohes Neues Jahr“ und „Alles Gute für das Neue Jahr“! Hinter diesen schönen Wünschen verbirgt sich unser tiefster Wunsch, dass uns kein Leid widerfahren und alles in unserem Leben gut und glücklich verlaufen möge. Wir wissen natürlich, dass Prüfungen und Versuchungen in unserem Leben nie ausbleiben, aber wir hoffen, dass wir ihnen entgehen können. Und wenn etwas Negatives passiert, suchen wir fast reflexartig die Ursache nicht bei uns selbst.
Basilius der Große, der Heilige, dessen Gedenktag wir heute begehen, hilft uns in einer seiner Reden[1], das Thema des Bösen auf christliche Weise anzugehen. Er fordert uns auf, die Ursache des Bösen nicht woanders zu suchen. Im Gegenteil, er rät uns zu etwas, das paradox erscheint: Jeder von uns möge sich selbst als Urheber seiner Bosheit ansehen.
Er stellt zunächst klar, dass vieles von dem, was uns widerfährt, uns von Natur aus trifft, etwa Alter und Krankheit, oder ohne ersichtlichen Grund, wenn Unvorhergesehenes geschieht, manchmal trauriger Art, wenn man etwa sorglos unterwegs ist und unvermittelt angegriffen wird, oder auch glücklicher Art, wenn man sich im Leben schwertut und plötzlich eine unerwartete Erbschaft erhält.
Es gibt aber auch andere Dinge, die hauptsächlich oder ausschließlich von uns selbst abhängen. Und er nennt folgende Beispiele: Ob wir unsere Leidenschaften beherrschen oder unsere Sinnenlust nicht zügeln, hängt von uns ab; ob wir unseren Zorn überwinden und unsere Wut zurückhalten oder denjenigen schlagen, der uns provoziert hat, hängt von uns ab; ob wir die Wahrheit sagen oder lügen, hängt von uns ab; ob wir sanftmütig und gelassen im Benehmen oder stolz und arrogant sind, hängt von uns ab.
Und Basilius der Große folgert: In den Dingen also, in denen du selbst Herr bist, das heißt, die du kontrollierst und entscheidest, suche nicht nach Ursachen oder Ursprüngen, die jenseits Deiner Verantwortung liegen! Eher solltest du wissen, dass das eigentliche Übel mit unseren eigenen Entgleisungen seinen Anfang nimmt, das heißt, mit unserenEntscheidungen, Unterlassungen oder Fehlern.
Dieses Wort des Heiligen ist von großer Bedeutung, denn es offenbart drei wichtige Wahrheiten: Erstens, wie groß die Kraft der menschlichen Seele ist; zweitens, wie erstaunlich der freie Wille ist, mit dem Gott uns ausgestattet hat; und drittens, wie schön es ist, unsere Freiheit verantwortungsvoll auszuüben.
Liebe orthodoxen Christen in Deutschland!
Es gibt Dinge, die nicht von uns abhängen. Lassen wir ihnen ihren Lauf und begegnen wir ihnen mit Geduld und Weisheit. Aber in den Dingen, die von uns abhängen, wollen wir mit Verantwortung und Mut die richtigen Entscheidungen treffen. Wir alle können mit der Gnade unseres Gottes und unserem Leben in seiner Kirche das wirklich Gute wählen, nämlich das, was uns unser Herr Jesus Christus in seinem Evangelium offenbart hat, und so jeden Tag einen kleinen Baustein legen, damit die Welt in uns und um uns herum schön und hoffnungsvoll wird.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen von Herzen ein segenreiches neues Jahr!
Bonn, am 1. Januar 2025
Euer Metropolit
+ Augoustinos von Deutsc
[1] Basilius der Große, Zweite Homilie über das Hexaemeron, PG 29, 37-40.
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